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Dieser Text war Grundlage für den Artikel, der am 27. August 2019 in der wissenschaftlichen Publikation The Conversation veröffentlicht wurde.

Die kulturelle Mediation ist mehr als eine informelle pädagogische Praxis, die komplexes Wissen zum Zweck der Sensibilisierung oder Bildung eines philisterhaften Publikums vereinfachen will. Es handelt sich bei ihr, in einem weiter gefassten Sinne, um eine Reihe von Überlegungen, Ansätzen und Praktiken, die darauf abzielen, fachspezifisches Wissen der Gesellschaft näher zu bringen und es auf aktuelle Themen anzuwenden. Ausserdem geht es darum, die gemeinsame Erzeugung von Wissen durch Spezialisten und Gruppen betroffener Bürgerinnen und Bürger zu fördern, die durchaus auch Fach- oder Alltagswissen mitbringen können.

Kulturelle Mediation zu betreiben ist ein echter Beruf, zu dem natürlich akademisches und technisches Wissen gehört, aber auch und vor allem die Kenntnis des Zielpublikums, pädagogisches Geschick und Verständnis der Produktionsmodalitäten von Wissen sowie der Bedingungen für seine Verbreitung und Anwendung in der Gesellschaft. Da die Vermittlungsperson fast immer von ihrer eigenen Begeisterung zur Weitergabe des Wissens ausgeht, ist eine radikale ‘Dezentrierung’ nötig, um nicht egoistisch, bekehrend oder gar herablassend und letztlich kontraproduktiv zu sein.

In diesem Sinne erfordert die Vermittlungstätigkeit ein reflektiertes Vorgehen. Im Fall von Wissenschaft und Technik ist die Reflexion wahrscheinlich noch notwendiger als bei jeder anderen Form der kulturellen Mediation, gleichrangig mit den grossen Auswirkungen von Wissenschaft und Technik auf die Entwicklung der Gesellschaft. Jeder disruptive wissenschaftlich-technische ‘Fortschritt’ geht mit Umwälzungen in der Gesellschaftsordnung, mit dem Aufkommen soziotechnischer Kontroversen, mit gesundheitlichen oder ökologischen Nebenwirkungen und auch mit ethischen Fragen einher, die seine gesellschaftliche Akzeptanz in Frage stellen.

In diesem Prozess ist die wissenschaftlich-technische Mediation ein entscheidender Faktor, da ihr die Aufgabe zukommt, die vorteilhaften Anwendungen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu fördern, aber auch ihre eventuell negativen Auswirkungen in Frage zu stellen. Aus ihrer Fähigkeit, Ängsten und Einwänden des Publikums Gehör zu schenken, schöpft sie Legitimität. Ihre Finanzierung verdankt sie hingegen genauso oft der ihr unterstellten Fähigkeit, gesellschaftliche Akzeptanz herzustellen.

Dies bedeutet viel Druck und beträchtliche Herausforderungen für den Vermittler oder die Vermittlerin, den richtigen Weg zwischen technisch-wissenschaftlicher Begeisterung und der Vorsicht gegenüber einem Publikum zu finden, das nicht mehr nur lernen und neue Informationen aufnehmen, sondern auch verstehen will - um als Bürger seine Macht in einer Welt auszuüben, in der Wissenschaft und Technologie, angetrieben von industriellem Kapital und politischen Interessen, sich manchmal im Randbereich demokratischer Einrichtungen bewegen.

Indem Sie Ihr Projekt mit der Moulinette gründlich analysieren, ermitteln Sie als Vermittlungsperson wertvolle Hinweise bezüglich der Facetten eines Projekts: Von den anfänglichen Beweggründen bis zu den erwarteten und tatsächlichen Auswirkungen; oder von der Art der Zielgruppen bis zu den gewählten Formaten, einschliesslich der Mittelbeschaffung.

Jeder, der sein Projekt anhand der vorgeschlagenen Kategorien analysiert, wird besser in der Lage sein, es zu beschreiben, sei es im Rahmen der Kommunikation mit der Öffentlichkeit, gegenüber einem potenziellen Arbeitgeber oder einem Produzenten.

Da wir über Vermittlung und nicht über Popularisierung sprechen, geht es hier im Grunde um eine Vertiefung der Beziehung des Vermittlers und der Vermittlerin zum Wissen sowie um die Beziehung zum Wissen, das sie Ihrem Zielpublikum anbieten.